„Hört ihr Leut und lasst euch sag‘n!“, so klang es am Sonntagnachmittag im Burghof zu jeder vollen Stunde. Josef Eierer, seines Zeichens Nachtwächter Tschung, unterhielt mit vielen weiteren Mitwirkenden die zahlreichen Besucher aus Nah und Fern. Anlass war das 50-jährige Bestehen des Heimat- und Kulturvereins Vilseck (HKV). Am Vorabend hatte Vorsitzende Elisabeth Hammer zu einem Festabend in den Zehentkasten geladen. (Wir berichteten).
Den kleinen aber feinen Festzug führte am Sonntag eine Pferdekutsche mit den drei noch lebenden Gründungsmitgliedern, Andreas Götz, Josef Rubenbauer und Ludwig Zeitler, an. Stolz trug Gerhard Schneider erstmals das neue Vereinsbanner durch Vilsecks Straßen. Die Trachtenfrauen des HKV marschierten zu den Klängen der Dagesteiner Musikanten den heimatlich-kulturellen Gruppen voran. Diese kamen aus Gebenbach, Hirschau, Lintach, Oberwiesenacker, Schmidmühlen, Schnaittenbach und Sorghof. Alle gaben auf Burg Dagestein Kostproben ihres Könnens und zeigten auf ihre Art Heimat- und Kulturverbundenheit. Sie unterhielten mit Volkstänzen bzw. Goislschnalzen und Fahnenschwingen. 16 Vorschulkinder des Kindergartens Vilseck eröffneten mit der Sternpolka den bunten Reigen der Darbietungen.
Nach gut zwei Stunden gemütlichen Beisammenseins trieb einsetzender Regen die Anwesenden in den nahen Kirwastodl, wo das unterhaltsame Programm nahtlos fortgesetzt wurde. Als „Wirtshausmusikanten“ spielten vier schneidige Burschen, die Mühlschleif-Muse aus Moosbach, auf, gefolgt von Hans Kiener mit seinen Musikfreunden aus Schnaittenbach und der Schlichter Rentnerband.
Dazwischen informierte Stadträtin und Vorsitzende der Wasserwacht Vilseck-Sorghof, Maria Honig, über Ausbildung und Tätigkeit der Wasserwacht und stellte Retter und Taucher samt ihren Geräten vor. Das Element Wasser nahm HKV-Vorsitzende Elisabeth Hammer zum Anlass, um auf die Veranstaltungen des kommenden Jahres hinzuweisen. Die Renaturierung der Vilsaue biete für 2015 vielfältige Möglichkeiten für neue Aktivitäten, erläuterte sie. So sei für den Christihimmelfahrtstag eine Wanderung von der Vilsbrücke bis zur Vilsecker Mulde geplant unter dem Motto: „Natur – Literatur“.
Kommersabend - Großes Stück Heimatgeschichte geschrieben
Ideen allein reichen nicht aus, um einen Verein über Wasser zu halten. Nein, es gehört eine aktive Gruppe dazu, die diese verwirklicht. Trotzdem kann der Jubelverein stolz sein, seit nunmehr 19 Jahren über eine Vorsitzende zu verfügen, der die Ideen nie ausgehen. Elisabeth Hammer, auch als Kultur-Liese bekannt, ist der engagierte Motor des Heimat- und Kulturvereins (HKV).
Vor 50 Jahren haben ihn auf Initiative des damaligen Bürgermeistes Hans Müller 25 Vilsecker Bürgerinnen und Bürger ins Leben gerufen. Zweck waren die Verschönerung der Stadt und die Förderung des Fremdenverkehrs. Dazu gehörte satzungsgemäß auch die Erhaltung alten Brauchtums und der Schutz historischer Werte und Denkmäler. Als Vorsitzende fungierten im Gründungsjahr 1964 Johann Baptist Zeitler und Adolf Kaiser, Schriftführer war Ludwig Lingl, Beisitzer waren Josef Angerer, Willy Purucker und Franz Wilfling. Der Mitgliedsbeitrag betrug 50 Pfennig pro Monat.
In seiner Laudatio wies 2. Bürgermeister Thorsten Grädler auch auf die Gründung der Knabenkapelle und der Gesangsgruppe „Vilsecker Moila“ hin. Dies war in erster Linie ein Verdienst des rührigen Stadtrats Adolf Kaiser. Auch Faschingsveranstaltungen spielten im Programm eine große Rolle. So gab es 1970 erstmals einen Stadtball und 1971 eine erste Garde und ein Prinzenpaar mit Vera Seibold und Peter Völkel. Von 1971 – 1975 war Oberlehrer Wolfgang Seibold Vorsitzender; die Mitgliederzahl erhöhte sich auf 124.
Die Wege an der Vilsallee wurden fertiggestellt; Blumentröge und Blumenkästen an den Brücken verschönerten das Stadtbild. Nach einigen Jahren des Stillstands übernahm Fritz Verhorst 1987 die Führung. Erst die Abhaltung eines Faschingszuges in Vilseck gab dem Verein neuen Auftrieb. Interessierte Mädchen wollten sich zu einer Garde formieren. Diese Idee griff 1995 Elisabeth Hammer auf und aktivierte mit Hans-Martin Schertl den Vilsecker Fasching. Bereits ein Jahr später standen 9 Gardemädchen parat, und Maria und Thorsten Grädler ließen sich zum Prinzenpaar küren. Auch fanden jährlich Prunksitzungen in der Mehrzweckhalle statt, und im Burghof wurden Klassische Burgkonzerte mit hochkarätigen Musikern aus Nah und Fern veranstaltet.
Daneben erkundete die nimmermüde Kultur-Liese zusammen mit Walter Mrasek die Geschichten der Marterln der Großgemeinde und lud zu Marterlwanderungen ein. Mit Josef Eierer, genannt Tschung, gelang ihr die Einsetzung eines Nachtwächters und Stadtführers. Als Glücksfall für Vilseck und den HKV erwies sich Elisabeth Hammer auch bei der Suche nach weiteren Möglichkeiten, Vilseck für Touristen interessant zu machen. So wurde die Idee für das erste deutsche Türmermuseum auf die Beine gestellt. Auch ihr Bemühen, die Burg und den Zehentkasten nach und nach zu sanieren und den Bergfried als Aussichtsturm zu nutzen, stießen im Stadtrat auf offene Ohren. Heute kann man zurecht stolz sein auf die gelungene Sanierung der Burg Dagestein.
Der Ideenreichtum von Elisabeth Hammer schien schier unerschöpflich zu sein. Die angebotenen Fahrten in den Truppenübungsplatz erfreuten sich stets großen Zuspruchs. Ausflüge in alle Ecken der Oberpfalz, in die schönsten Orte Deutschlands und Tschechiens schlossen sich an. Im Zehentkasten fanden Mundarttage, Wirtshausmusikantentreffen und vorweihnachtliche Festlichkeiten statt. Dabei wirken seit 4 Jahren auch die Trachtenfrauen mit, die nicht nur mit ihren nach alten Vorlagen geschneiderten Gewändern glänzen, sondern auch gesanglich und tänzerisch eine Bereicherung darstellen. Ihnen sowie der gesamten jetzigen Vorstandschaft überreichte Thorsten Grädler Blumen. Er verband damit die Hoffnung auf viele weitere Aktivitäten.
Pfarrer Hermann Kellner segnete das neue Banner als ein Band der Gemeinschaft, das in der Fahnenstickerei Michelfeld angefertigt wurde. „Wenn der Heimat- und Kulturverein sein Banner segnen lässt, dann bedeutet dies, dass die Mitglieder ihr gemeinsames Tun unter das Wort Gottes stellen und dass christliche Grundsätze zum Gesetz der Gemeinschaft gehören werden“, erläuterte der Geistliche. „Zugleich ist dem Verein aber auch das Wohlwollen und die Gnade Gottes zugesprochen.“
Landrat Richard Reisinger würdigte das Engagement der Führungsspitze und wünschte dem Jubelverein Kraft und Zusammenhalt zur Bewahrung kultureller Werte. Bürgermeister Hans-Martin Schertl sprach von einem großen Stück Heimatgeschichte, die der HKV in den vergangenen 50 Jahren geschrieben habe. Dank Elisabeth Hammer lebe die Kultur in unserer Stadt, betonte er. Neben einem Zuschuss zum neuen Banner überreichte er ein Porzellanbild des Vogelturms und wünschte noch viele kulturelle Impulse für Stadt und Land.
Eduard Bosser zeigte alte Dias aus Vilseck, und Norbert Piehl ließ ein halbes Jahrhundert Vereinsgeschichte anhand einer Powerpointpräsentation Revue passieren. Mit der Sternpolka gestalteten die Trachtenfrauen den Abend auf tänzerische Weise mit.
Durch Dr. Ludwig Walter, einen gebürtigen Vilsecker, erfuhr man vom Druck des Marterlbuches, dessen Autoren Elisabeth Hammer und Walter Mrasek waren. Beim Erstellen des druckreifen Buches hatten Dr. Walter und seine Gattin redaktionell mitgewirkt. Sie hatten bereits die Einnahmen aus dem Verkauf der Haager Chronik von etwa 1000 Euro dem HKV gespendet.